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Fantasy

Im Bann der Skinwalker Gefangene des Verlangens

Das Buch erzählt von einem Mädchen, welches als Opfergabe von seinem Dorf an einen fremden übergeben wird. Doch sie gedenkt nicht sich einfach zu unterwerfen. Stattdessen tritt sie dem Alpha des Clans mit Trotz, Sturheit und einem inneren Feuer entgegen. Bereit ihr Schicksal selbst zu gestalten und in die Hand zu nehmen. Wobei sich ihr verschiedenste Hürden in den Weg stellen.

Apr 15, 2025  |   86 min read

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Jessica Wolf
Im Bann der Skinwalker Gefangene des Verlangens
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Kapitel 6

Die ersten Strahlen der Morgensonne fallen durch das hohe Fenster, das von schweren, dunklen Vorh�ngen eingerahmt ist. Es ist der Beginn eines neuen Tages und obwohl mein K�rper von der Ersch�pfung des Vortags schwer ist, bleibe ich stur in meiner neuen Haltung. Ich w�rde mich nicht beugen. Nicht vor ihm.

Christiano tritt in den Raum wie er es zuvor bereits tat, ruhig und mit einer Pr�senz, die den Raum sofort erf�llt.

Ohne ein Wort bedeutet er mir, ihm zu folgen als er meine Ketten an der Stange l�st. Seine Haltung ist klar - er erwartet Gehorsam und er erwartet ihn bedingungslos. Ich folge ihm, aber nicht aus freiem Willen, die Ketten lie�en mir keine Wahl. Aber vielleicht konnte ich wenigstens mehr �ber diesen Mann und seine Welt herausfinden.

Er f�hrt mich in eine gro�e Halle, an deren W�nden Karten, Banner und kunstvolle Waffen h�ngen. Ein massiver Tisch aus dunklem Holz dominiert den Raum, �bers�t mit Papieren, Siegeln und feinen Schreibutensilien. ?Das hier", beginnt er mit ruhiger Stimme, ?ist das Herz meiner Arbeit. Es ist nicht nur die Macht die ein Reich zusammenh�lt, sondern Verstand und Strategie."

Ich beobachte ihn, w�hrend er spricht, seine Bewegungen sind pr�zise und kontrolliert, seine Worte so klar wie das kalte Wasser eines Bergsees. Doch als er beginnt, mir Regeln aufzuz�hlen - wie ich mich in seiner Anwesenheit zu benehmen habe, welche Grenzen ich nicht zu �berschreiten habe, da sp�re ich wie der Trotz in mir aufsteigt.

?Ich soll mich also benehmen wie ein zahmes V�gelchen?", meine Stimme trieft vor Sarkasmus. ?Wahrscheinlich soll ich auch noch dankbar f�r meinen schicken goldenen K�fig sein?"

Er h�lt inne und dreht sich langsam zu mir um. Seine Augen verengen sich leicht und obwohl seine Miene ruhig bleibt, sp�re ich die Spannung in der Luft. ?Du bist nicht hier, um zu sagen was dir nicht passt", sagt er leise. ?Dein Platz ist hier, an meiner Seite, weil ich es so will und du wirst lernen, was das bedeutet." ?Vielleicht", entgegne ich, ohne meine Haltung zu �ndern. ?Oder vielleicht bringst du mir das nicht bei, weil ich mich weigere es zu lernen."

F�r einen Moment denke ich, er w�rde die Beherrschung verlieren, doch stattdessen tritt er n�her an mich heran, bis nur noch wenige Zentimeter uns trennen. Seine Hand hebt sich und ich spanne mich an, doch er ber�hrt mich nicht. Stattdessen h�lt er inne, sieht mir direkt in die Augen. ?Dein Trotz ist beeindruckend.", murmelt er fast wie zu sich selbst. ?Aber auch das st�rkste Feuer kann gel�scht werden, wenn es falsch entfacht wird."

Mit diesen Worten wendet er sich ab, l�sst mich stehen und widmet sich wieder seiner Arbeit. Ich bei�e die Z�hne zusammen. Ich habe gewonnen - zumindest f�hlte es sich vorerst so an.

Nach dem Mittagessen - einer Mahlzeit, die genauso gespannt ist wie der Morgen - nimmt er mich mit zu einem Treffen in einem prachtvollen Saal, in dem seine Untergebenen oder Verb�ndeten sich bereits versammelt haben. Der Raum ist erf�llt von Stimmen, Diskussionen und angestrengten Gesichtern der M�nner, die um die Tafel sitzen. Ich habe keine Ahnung, wor�ber sie sprechen, doch ich kann an ihrer Haltung erkennen, dass es wichtig ist.

Christiano, ganz in seiner Rolle als Herrscher, l�sst keinen Zweifel an seiner Autorit�t zu. Er spricht ruhig, aber mit einer Dominanz, die jeden im Raum dazu bringt, sich seinem Willen zu beugen. Doch ich kann nicht widerstehen. W�hrend die Diskussion hitziger wird, nutze ich einen Moment der Stille um eine spitze Bemerkung zu machen.

?Vielleicht solltest du sie nicht so herumkommandieren", sage ich leichthin, mein Blick auf ihn gerichtet. ?Vielleicht h�tten sie mehr Respekt, wenn du ihnen nicht st�ndig unter die Nase reiben w�rdest, wer der K�nig im Raum ist."

Die Stille, die folgt, ist ohrenbet�ubend. Alle Augen richten sich auf mich. F�r einen Moment scheint sogar Christiano �berrascht, doch das Gef�hl verschwindet so schnell, wie es gekommen ist. Er steht auf, seine Bewegungen flie�end, aber mit einer Kraft, die jedem im Raum zeigt, wer hier das Sagen hat. ?Verzeiht mir diesen Zwischenfall", sagt er mit k�hler H�flichkeit an die Versammelten. ?Manchmal neigen ungez�hmte Dinge dazu, ihre Grenzen zu vergessen."

Er tritt zu mir, beugt sich leicht vor und fl�stert so leise, dass nur ich es h�ren kann. ?Du spielst ein gef�hrliches Spiel."

Doch statt Angst zu zeigen, hebe ich mein Kinn und sehe ihn direkt an.

?Vielleicht mag ich gef�hrliche Spiele."

Die Versammlung endet kurz darauf und obwohl er es nicht zeigt, wei� ich, dass ich einen Nerv getroffen habe.

Am Abend sitze ich wieder an der langen Tafel, diesmal jedoch allein mit ihm. Die Dunkelheit, die durch das Fenster dringt, scheint den Raum noch k�lter zu machen und die Stille ist dr�ckender als je zuvor. Ich kann seine Anspannung sp�ren auch wenn er sie versucht zu verbergen.

?Warum machst du es dir so schwer?", fragt er in die Stille hinein, w�hrend er einen Schluck Wein aus seinem Kelch nimmt. ?Warum kannst du nicht einfach akzeptieren, dass dein Platz jetzt hier ist?"

Ich sehe ihn an, meine Augen funkeln vor Trotz. ?Weil ich niemandem geh�re.

Und schon gar nicht dir."

Er lacht leise, aber es ist kein freundliches Lachen. ?Du hast viel Mut, das muss ich dir lassen.", sagt er. ?Aber Mut ohne Verstand f�hrt nur ins Verderben." Ich lehne mich zur�ck, verschr�nke die Arme vor der Brust. ?Dann f�hr mich ins Verderben. Mal sehen, ob du so gut bist, wie du glaubst."

Anstatt laut zu werden oder mich zu bestrafen, steht er langsam auf und geht um die Tafel herum, bis er direkt vor mir steht. Er beugt sich leicht vor, sodass sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt ist. ?Du glaubst, du kennst mich.", fl�stert er. ?Aber du hast keine Ahnung, mit wem du es zu tun hast."

Seine N�he bringt mein Herz zum rasen, doch ich lasse mir nichts anmerken.

?Vielleicht wei� ich mehr, als du denkst.", erwidere ich.

F�r einen Moment scheint er zu �berlegen, doch dann richtet er sich wieder auf. ?Wir werden sehen.", deutet er an und verl�sst mit den Ketten in der Hand den Raum, bis ich gezwungen bin ihm zu folgen.

Die Nacht ist still, nur das leise Knistern der Fackeln in den Wandhaltern durchbricht die Dunkelheit. Mein K�rper ist schwer vom Tag, aber mein Geist ist noch wach, aufgew�hlt von der Konfrontation mit Christiano. Ich habe ihm die Stirn geboten, doch er hat mich nicht bestraft - zumindest nicht so, wie ich es erwartet habe.

Als wir uns in seine Gem�cher begeben, f�llt mein Blick auf das gro�e, opulente Bett, das f�r ihn bereit steht - uns. Doch ich ignoriere es. Stattdessen ziehe ich mich erneut auf den Diwan zur�ck, ich weigere mich, mich ihm in diesem Leben anzupassen, so verlockend ein weiches Bett auch sein mag. Er befestigt meine Ketten erneut an der Stange und begibt sich selbst in sein Bett.

Ich schlie�e die Augen, doch der Schlaf kommt nicht sofort. In dieser Nacht tr�ume ich erneut. Verschwommene Bilder einer Insel, einer Frau. Ihre offensichtliche Trauer vermischt mit Verlangen ist greifbar und ihre H�nde greifen nach einem Mann, um ihn festzuhalten. Um nicht allein zu sein. Dann - Dunkelheit.

Ich erwache mit einem unangenehmen Gef�hl in der Brust. Die Bilder aus meinem Traum verblassen schnell, doch ein Rest davon bleibt in mir zur�ck.

Bevor ich mich weiter damit befassen kann, wird die T�r aufgesto�en. Christiano steht dort, gekleidet in Schwarz, mit einem k�hlen Blick, der schwer zu durchdringen ist. ?Steh auf", befiehlt er.

Ich verziehe die Lippen. ?Kein guten Morgen?", spotte ich.

Er tritt n�her, sein Schatten f�llt �ber mich. ?Du wirst heute eine Pr�fung ablegen."

Ich runzle die Stirn. ?Was f�r eine Pr�fung?"

?Du wirst deine F�higkeiten beweisen. Doch zuvor, wirst du dir etwas anderes anziehen."

Ich richte mich langsam auf und blinzele ihm trotzig entgegen. Dann blitzt

Widerstand in meinen Augen auf. ?Werde ich nicht."

Er seufzt - nicht �berrascht, als h�tte er genau das erwartet. Doch diesmal verschwendet er keine Worte.

Bevor ich reagieren kann, greift er nach meinen Handgelenken und dr�ckt mich mit einem einzigen, schnellen Ruck gegen die Stange. Seine Finger umschlie�en beide Handgelenke mit eiserner Kontrolle, �ber meinem Kopf gefesselt wie ein stummer Befehl. Ich keuche erschrocken auf, rei�e mich los - vergeblich. ?Ein verlockender Laut", murmelt er, ohne mich anzusehen. ?Leider habe ich jetzt keine Zeit f�r deine Spielchen."

Seine Hand gleitet an meinen Nacken. Ich will protestieren, doch ehe ich ein

Wort sagen kann, hat er den Verschluss meines Kleides ge�ffnet. Ein leises Rascheln - dann f�llt der Stoff wie Wasser an meinem K�rper hinab, sammelt sich stumm zu meinen F��en.

Ein hei�er Stich kriecht mir ins Gesicht. Ich winde mich, doch sein Griff bleibt unerbittlich. ?Lass mich los!", zische ich, r�ttel an seinen Fingern, doch er bleibt ruhig, geradezu gelassen.

Er l�st die Ketten von meinen Armreifen, nimmt das neue Kleid zur Hand und zieht es mir �ber den Kopf, mit einer beunruhigenden Selbstverst�ndlichkeit. Der Stoff, k�hl und weich, schmiegt sich an meine Haut, w�hrend ich noch immer mit jeder Faser Widerstand leiste.

?Fertig.", sagt er schlie�lich, befestigt die Ketten erneut an meinen Handgelenken und tritt dann zur�ck.

Ich schwanke einen Schritt, meine Atmung geht sto�weise vor Wut. ?Du kannst mich nicht immer so behandeln!", entf�hrt es mir, die Stimme scharf wie ein Messer.

Er sieht mich an, ein langer, unergr�ndlicher Blick.

Dann hebt er gleichm�tig die Schultern. ?Dann gehorche."

Mein Zorn droht zu explodieren, doch ich rei�e mich zusammen. Jetzt nicht. Noch nicht. Aber ich schw�re mir: Irgendwann wird er den Preis f�r diese Dem�tigung zahlen.

Er f�hrt mich in den Hof, wo bereits eine Gruppe M�nner wartet. Ihre Blicke ruhen auf mir - neugierig, belustigt, misstrauisch. Ein Schwert wird mir zugeworfen. Es klirrt vor meinen F��en.

?Ich k�mpfe nicht f�r deine Unterhaltung", sage ich scharf.

Christiano tritt neben mich, seine Stimme leise, aber nicht minder zwingend. ?Du k�mpfst nicht f�r mich. Du k�mpfst f�r dich. Oder du verlierst." Sein Blick ist ernst - und ich wei�, es ist kein Bluff. Also hebe ich das Schwert auf. Es ist schwer, schwerer als ich erwartet habe. Der Griff liegt ungewohnt in meiner Hand. Mein Gegner tritt vor - gro�, kr�ftig, mit selbstsicherem Grinsen. ?Keine Sorge", sagt er sp�ttisch. ?Ich werd's langsam angehen lassen." Ich antworte nicht. Ich nehme Haltung an.

Der erste Schlag kommt schnell. Ich blocke, aber der Aufprall l�sst meine Arme zittern. Ich wanke zur�ck. Leises Lachen hallt durch den Hof.

?Zu steif", ruft Christiano. ?Lass das Schwert flie�en."

Mein Gegner greift erneut an. Ich ducke mich, weiche dem Hieb aus - knapp. Mein Herz h�mmert gegen die Rippen. Ich erkenne es: Kraft wird mir hier nicht helfen.

Ich lasse das Schwert fallen.

Ein kollektives Keuchen. Doch ich z�gere keine Sekunde. Ich tauche unter seinem Arm hindurch, sto�e ihm mein Knie in die Seite. Er stolpert.

Fluchend dreht er sich um, sein Spott ist verschwunden.

Er st�rmt auf mich zu - doch ich weiche aus, lasse ihn ins Leere schlagen.

Wieder. Und wieder. Dann fege ich ihm das Standbein weg, er strauchelt.

Die M�nner schweigen.

Christiano murmelt ein kaum h�rbares ?Interessant."

Mein Gegner ist jetzt w�tend. Er schl�gt wild, aber ich tanze um ihn herum, finde seine L�cken. Ellenbogen gegen Rippen, Ausweichbewegung, ein Tritt. Dann -

?Genug.", sagt Christiano.

Mein Gegner h�lt inne, sein Blick hat sich ver�ndert. Er senkt das Schwert.

?Nicht schlecht", murmelt er.

Ich stehe da, keuchend, ersch�pft, aber nicht besiegt. Ich habe nicht gewonnen - aber ich habe �berlebt. Dann - Chaos.

Schreie. Klingen, die aufeinanderschlagen. Ein Angriff.

Ich reagiere, bevor ich denke. Ich greife mein Schwert, trete an Christianos Seite.

Ein Schatten bewegt sich auf ihn zu. Ich springe dazwischen, fange die Klinge ab. Metall kreischt. Mein Gegner dr�ngt mich mit roher Gewalt zur�ck - ich halte stand.

Ich winde mich unter seinem Hieb hindurch, weiche aus, trete gegen sein Knie.

Doch er ist schneller, holt zum n�chsten Schlag aus - und dann ist Christiano da.

Mit einer einzigen Bewegung entrei�t er mir das Schwert, tritt vor. Ein Hieb - die Waffe des Angreifers fliegt zu Boden. Christiano packt ihn, zieht ihn an sich. ?Fehler.", sagt er - dann trifft seine Faust das Gesicht des Mannes. Der K�rper sackt zusammen.

Stille.

Christiano sieht mich an. Seine Augen lesen mich, pr�fen mich - dann nickt er.

?Gute Reaktion."

Er blickt sich um. Der Angriff war kurz, gezielt - ein Test? Ein Warnschuss?

Das Klirren ist verstummt.

Aber in mir - da ist etwas erwacht.

Mein Herz rast noch, meine H�nde zu F�usten geballt, doch ich zwinge mich ruhig zu atmen. Ich habe nicht nachgedacht. Ich habe einfach gehandelt und ich habe stand gehalten.

Nach diesem Angriff bleibt die Burg in Alarmbereitschaft. Christiano bleibt fast unmerklich angespannter als sonst, seine Haltung noch k�hler. Als wir uns sp�ter in den Speisesaal begeben, sp�re ich die unausgesprochene Spannung zwischen uns.

?Du hast dich gut geschlagen.", sagt er schlie�lich.

Ich hebe eine Augenbraue. ?Ist das ein Kompliment?"

Er lehnt sich zur�ck, sein Blick unverwandt auf mich gerichtet. ?Nein. Es ist eine Feststellung."

Ich schnaube, ?Nat�rlich."

Er steht auf, tritt an mich heran und beugt sich leicht vor. ?Du denkst, du kennst mich. Aber du t�uschst dich." Ich halte seinem Blick stand.

?Und du denkst, du kannst mich brechen. Aber du t�uschst dich." Ein Funke blitzt in seinen Augen auf - und f�r einen Moment ist da etwas anderes als Dominanz und K�lte.

Dann verlassen wir den Raum.

Die Ereignisse des gestrigen Tages haben mir gezeigt: Ich muss hier raus. Ich kann nicht zulassen, dass er mich kontrolliert - oder dass er mich liest. Also plane ich meine Flucht.

Als er mir letzte Nacht die Ketten nicht angelegt hat und heute Morgen bereits fort ist, sehe ich meine Chance.

Leise, so leise wie m�glich, schl�pfe ich durch den Flur. Mein Herz h�mmert gegen meine Rippen, w�hrend ich mich in den Schatten halte. Die K�lte des Steins kriecht durch meine d�nnen Sohlen, doch ich ignoriere sie. Jeder Schritt k�nnte mein letzter in dieser Festung sein.

Unten in der gro�en Halle h�re ich Wachen lachen. Ich presse mich gegen die Wand, z�hle ihre Stimmen. Vier. Vielleicht f�nf. Zu viele, um unbemerkt hinauszukommen. Mein Blick wandert zu einem kleinen Krug, den jemand stehen gelassen hat, und werfe ihn mit aller Kraft in den Gang auf der anderen Seite. Das Klirren von zerbrechendem Ton hallt laut durch den Flur. Stimmen werden laut, St�hle r�cken �ber den Steinboden.

Das ist meine Chance.

Ich laufe.

Durch die Halle, hinaus auf den Hof, vorbei an den St�llen. Meine Beine brennen, aber ich zwinge mich weiter. Die Burgmauer ist nicht mehr weit. Nur noch ein paar Schritte.

Doch als ich die Burgmauer erreiche, ist er bereits dort.

?Dachtest du wirklich, du k�nntest mich t�uschen?" Seine Stimme ist wieder ruhig, fast am�siert.

Ich balle die F�uste. ?Ich habe es zumindest versuchen m�ssen." Er tritt n�her.

?Und wenn ich dich jetzt gehen lasse - w�rdest du wirklich fliehen?" Wir beide wussten die Antwort darauf und er holt meine Ketten hinter seinem R�cken hervor.

Nach meiner gescheiterten Flucht, scheint sich etwas in ihm ge�ndert zu haben.

Er beobachtet mich jetzt anders. Nicht nur mit Kontrolle, sondern mit Neugier. ?Warum k�mpfst du so sehr gegen mich?", fragt er als wir allein sind. ?Weil ich kein Besitz bin."

Er nickt langsam, als w�rde er etwas verstehen. ?Das wei� ich l�ngst." Seine Worte irritieren mich mehr, als sie sollten.

Ohne Worte begleite ich ihn den restlichen Tag in Ketten.

Die Nacht ist seltsam ruhig gewesen. Keine Auseinandersetzungen, keine unausgesprochenen Worte die zwischen und schweben wie Rauch in der Dunkelheit. Und doch liegt eine seltsame Spannung in der Luft als ich aufwache. Etwas ist anders.

Ich blinzle und lasse meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Das Licht des Morgens f�llt ged�mpft durch die schweren Vorh�nge, taucht alles in ein warmes, goldenes Schimmern. Doch dann stelle ich fest, dass er nicht abwesend ist wie die letzten Morgende, sondern auf dem Bett sitzt und mich beobachtet.

?Sch�n das du wach bist. Ich werde dir etwas zeigen."

Ich mustere ihn misstrauisch. ?Was, wenn ich nicht will?"

Sein Mundwinkel zuckt. ?Dann wirst du es nie erfahren."

Ich wei� nicht genau warum ich ihm folgen wollte, doch ich nickte, damit l�ste er meine Ketten von der Stange und er ging voraus. Vielleicht folgte ich ihm aus Neugier, vielleicht weil er keine Befehle gab, sondern weil ich die Wahl hatte.

Wir ritten aus der Stadt hinaus, begleitet nur von zwei Wachen, die diskret im

Hintergrund blieben. Der Weg f�hrt uns fort von dem Stein und der Enge der Mauern, hinaus in das offene Land, wo die H�gel sanft in die Ferne rollen. Es ist still zwischen uns. Keine scharfen Worte, keine Reibereien. Nur das

Ger�usch von Pferdehufen auf festem Boden, das gelegentliche Rascheln des Windes im Gras. Ich wei� nicht, wohin wir reiten oder warum - und vielleicht ist es das, was mich am meisten beunruhigt.

Schlie�lich erreichen wir eine Lichtung. Sie liegt versteckt zwischen hohen B�umen, eine Oase aus Ruhe und unerwarteter Sch�nheit. In der Mitte steht ein kleines Haus aus dunklem Holz, von Efeu umrankt. Ich steige ab und beobachte den Ort mit gerunzelter Stirn. ?Was ist das hier?"

Er steigt ebenfalls ab, doch er antwortet nicht sofort. Sein Blick wandert �ber die Lichtung, als w�re sie eine Erinnerung, die er noch einmal durchlebt. ?Es geh�rte meiner Mutter.", antwortet er schlie�lich. ?Es war ihr R�ckzugsort." Ich blinzle �berrascht.

?Niemand kennt diesen Ort. Niemand au�er mir."

Seine Stimme klingt ruhig, aber ich sp�re, dass mehr dahintersteckt.

Ich folge ihm ins Haus. Es ist einfach eingerichtet, aber nicht �rmlich. Die M�bel sind alt, aber gepflegt, als h�tte jemand immer wieder Staub gewischt, auch wenn niemand hier lebt.

Christiano zieht eine Hand �ber die Holzoberfl�che eines kleinen Tisches, ein nachdenklicher Ausdruck auf seinem Gesicht.

?Sie kam hierher, wenn sie Ruhe brauchte", erkl�rte er leise.

Ich lehne mich gegen den T�rrahmen und muster ihn. Zum ersten Mal wirkt er nicht wie der unnahbare Herrscher, der mich kontrollieren will. Hier ist er nur ein Mann mit Erinnerungen.

?Warum hast du mich hergebracht?", wage ich schlie�lich zu fragen.

Er l�sst sich Zeit mit der Antwort. Dann sieht er mich an, und in seinen Augen liegt eine Ehrlichkeit, die ich nicht erwartet habe.

?Weil ich dich verstehen will. Und weil ich glaube, dass du mich vielleicht auch verstehen solltest."

Seine Worte lassen mich verstummen.

Ich habe ihn immer nur als den Mann gesehen, der mich gefangen h�lt, der mich lenkt und manipuliert. Doch jetzt, hier, an diesem Ort sehe ich zum ersten Mal etwas anderes.

Einen Menschen. Einen Mann, der mehr ist als nur sein Titel. Ich wei� nicht, was ich darauf sagen soll. Also schweige ich und lasse den Moment einfach existieren.

Und zum ersten Mal ist Stille zwischen uns nicht bedrohlich - sondern ehrlich.

Wir verbringen den Tag in dem Haus, Christiano wirkt wie tief in Gedanken, als er die Haust�r schlie�t und verriegelt. Er nimmt mir die Ketten ab - wortlos, fast beil�ufig. Doch in der Geste liegt mehr als blo�e Erlaubnis. Vielleicht ist es Respekt. Vielleicht nur ein Moment von Schw�che. Aber ich erkenne ihn - und vergesse ihn nicht. Es gibt viel im Haus zu entdecken und ich nehme mir die Zeit die Einzelheiten zu entdecken, die gerahmten Fotos im Wohnzimmer auf dem Kaminsims zum Beispiel, sie zeigen eine wundersch�ne Frau, die von einem stattlichen und breiten Mann im Arm gehalten wird. Auf einem anderen Foto sind zwei Jungen zu sehen, die unter einem Baum stehen und frech in die Kamera grinsen.

Der R�ckweg verl�uft schweigend, aber nicht unangenehm. Die Stille zwischen uns hat sich ver�ndert - ist weicher geworden, weniger wie ein Kampf, mehr wie ein Waffenstillstand. Erst als das Burgtor in Sicht kommt, verengt sich sein Blick wieder leicht. Die vertraute K�lte schleicht sich zur�ck, aber nicht vollst�ndig.

Am n�chsten Morgen holt uns die Realit�t mit leisen Schritten ein. Die Regeln sind wieder da - unsichtbar, aber sp�rbar. Und mit ihnen: das Spiel aus Kontrolle und Widerstand.

Ich sitze ihm gegen�ber am langen Tisch, das Fr�hst�ck vor mir auf einer kunstvoll verzierten Platte angerichtet. Brot, frisches Obst, eine dampfende Schale mit einem Getr�nk, dessen Duft mir fremd ist. Ich sp�re seinen Blick, doch ich ignoriere ihn.

Ich greife nach einem St�ck Brot. Noch bevor es meine Lippen erreicht, h�re ich seine Stimme - ruhig, aber unnachgiebig.

?Du wei�t, dass du warten sollst."

Ich halte inne, meine Finger um das Brot geschlossen. Es ist kein Befehl, nicht direkt. Aber die Bedeutung dahinter ist klar. Ich soll warten, bis er das Mahl beginnt, mich seiner Etikette f�gen, mich anpassen. Ein Teil seines Spiels werden.

Langsam senke ich die Hand auf meinen Teller, lehne mich in meinem Stuhl zur�ck und mustere ihn herausfordernd.

?Ich bin nicht deine Marionette." Meine Stimme ist ruhig, doch ich sp�re das Feuer in meiner Brust, das Verlangen, ihn zu provozieren. ?Ich esse, wann und wie ich will."

Seine Augen verengen sich. Ein leises Knistern liegt in der Luft, wie ein Sturm, der sich langsam zusammenbraut.

?Du forderst mich absichtlich heraus." Seine Stimme bleibt ruhig, fast am�siert - aber ich erkenne den scharfen Unterton darunter.

?Und wenn?" Ich neige leicht den Kopf, spiele mit dem Rand meines Kelches, doch ich trinke nicht. ?Wirst du mir das Essen verbieten? Wirst du mich bestrafen, weil ich nicht nach deinen Regeln spiele?"

Einen Moment lang sagt er nichts. Sein Blick bleibt auf mir, pr�fend, lauernd. Ich wei�, dass er es hasst, wenn ich seine Kontrolle infrage stelle - aber genau das ist es, was ich will.

Dann lehnt er sich zur�ck, hebt mit bed�chtiger Ruhe seinen eigenen Kelch und nimmt einen langsamen Schluck.

?Dann iss."

Seine Stimme ist leise, doch ich wei�, dass dies nicht das Ende ist. Dies war nur der erste Zug in einem Spiel, das noch lange nicht vorbei ist. Langsam greife ich wieder nach dem Brot - und bei�e hinein.

Am Nachmittag wird die angespannte Stimmung zwischen uns durch einen unerwarteten Besucher unterbrochen - Lord Daemon. Er ist gro�, kr�ftig und tr�gt ein arrogantes L�cheln, das mich sofort warnt. Seine Augen verweilen zu lange auf mir, gleiten �ber meine Gestalt mit offenkundigem Interesse. Er macht keinen Hehl daraus, dass er Frauen begehrt, die ihm nicht geh�ren - und jetzt bin ich das Objekt seiner Aufmerksamkeit.

?Christiano, du h�lst ja einen wahren Schatz in deinen Hallen", sagt er mit einem �berheblichen Grinsen. ?Ich frage mich, ob du wirklich wei�t, wie man damit umgeht."

Ich sp�re, wie Christiano sich anspannt. Seine Haltung bleibt ruhig, aber seine Augen verengen sich gef�hrlich. ?Sei vorsichtig mit deinen Worten, Daemon."

Doch Daemon l�sst sich nicht abschrecken. Er tritt n�her, vielleicht zu nah. ?Vielleicht willst du mich herausfordern, hm? Oder vielleicht l�sst du mich ein wenig Zeit mit ihr verbringen?" Seine Finger n�hern sich meinem Handgelenk, kaum ein Lufthauch zwischen uns, doch die N�he reicht bereits aus, um mich erschaudern zu lassen - nicht aus Furcht, sondern aus Ekel.

Christiano reagiert blitzschnell. Er packt Daemons Hand mit eisernem Griff, sodass dessen L�cheln gefriert. ?R�hr sie nicht an." Seine Stimme ist leise, aber voller Gefahr. ?Nicht, wenn dir dein Arm lieb ist."

Daemon lacht - ein Hauch von Unsicherheit schleicht sich in seine Miene. Doch Christiano l�chelt nicht. Stattdessen tritt er einen halben Schritt vor, gerade so, dass Daemon unwillk�rlich zur�ckweicht.

?Ich werde dir nur einmal sagen, wo deine Grenzen liegen. Missversteh meine

Zur�ckhaltung nicht als Schw�che."

Sein Ton ist ruhig, beinahe h�flich - doch in seinen Augen liegt eine t�dliche K�lte, die selbst Daemon nicht ignorieren kann.

Daemon hebt beschwichtigend die H�nde. ?Beruhige dich. Ich wollte nur sehen, wie ernst es dir ist." Doch seine Augen sagen etwas anderes - das ist noch nicht vorbei.

Als Daemon den R�ckzugantritt und die Burg verl�sst, ist der sp�te Nachmittag erf�llt von einer schweren Stille. Christiano f�hrt mich in das riesige Bad. Sein Griff um mein Handgelenk ist fest, nicht grob aber bestimmt und ich folge ihm widerwillig. Die Vertrautheit der Umgebung beruhigt mich nicht, ganz im Gegenteil. Ich ahne, was kommen wird und das flammende Gef�hl des Widerstands in mir lodert st�rker, je n�her wir dem Bad kommen.

?Wirklich?", frage ich schlie�lich, als wir die T�r passieren. ?Ist das jetzt ein

Ritual oder einfach nur deine Art, mich zu �rgern?"

Ein am�siertes L�cheln zuckt um seine Lippen und er schenkt mir einen beil�ufigen Seitenblick. ?�rgern? Warum sollte ich? Du wei�t doch, dass es nur zu deinem Besten ist."

Ich verschr�nke die Arme vor der Brust, als wir in den Dampf erf�llten Raum treten. Der Geruch von warmem Wasser und Kr�utern h�ngt schwer in der Luft. ?Ich denke, ich habe letztes Mal ziemlich deutlich gemacht, dass ich allein baden kann. Es ist nicht n�tig, dass du hier bist."

Er schlie�t die T�r, bleibt stehen und dreht sich zu mir um, in seinen Augen liegt ein Funken von Geduld, die er sich offenbar auferlegt hat. ?Und ich habe die erkl�rt, dass ich das nicht so sehe."

?Vielleicht sollte meine Meinung aber auch z�hlen?" Ich hebe herausfordernd das Kinn, doch er bleibt unbeeindruckt.

?Deine Meinung z�hlt", sagt er ruhig, ein Hauch von Spott in seiner Stimme. ?Aber nicht in dieser Angelegenheit, nicht solange du unwissend bist. Also, was wird es sein? Mit Anstand ins Wasser oder willst du, dass ich dich trage? Ich sch�le dich auch gerne im Wasser aus deinem Kleid."

Ich starre ihn an, entsetzt �ber seine Dreistigkeit. ?Das wagst du nicht verdammt."

Er tritt einen Schritt n�her, die Andeutung eines Grinsens auf seinem Gesicht. ?Willst du es drauf ankommen lassen?"

Die Hitze der Verlegenheit steigt mir ins Gesicht und ich bei�e mir auf die Lippe w�hrend ich meine M�glichkeiten abw�ge. Es ist ein stummes Duell, mein Stolz gegen seine Unnachgiebigkeit und obwohl ich wei�, dass ich verlieren werde, gebe ich nicht nach.

?Ich k�nnte auch einfach gehen", murmle ich und drehe mich halb zur T�r, doch sein Blick, sein stiller, durchdringender Blick, h�lt mich zur�ck. ?Das k�nntest du", sagt er leise, aber seine Stimme birgt eine unausgesprochene Drohung,

dass das Folgen h�tte. ?Aber du wirst es nicht tun."

Ein Seufzen entweicht meinen Lippen und ich rolle mit den Augen, bevor ich meinen Blick abwende. ?Fein. Aber ich will, dass du Abstand h�ltst." Er l�chelt, ein triumphierendes L�cheln, das mich beinahe dazu bringt, meine

Entscheidung r�ckg�ngig zu machen. ?Vielleicht", sagt er und streift sein Hemd ab, wobei er den Blickkontakt keinen Moment lang bricht.

Ich drehe mich eilig um, die W�rme in meinem Gesicht kaum unterdr�ckend, w�hrend ich mich widerwillig aus meinem Kleid sch�le. ?Das ist doch Wahnsinn", knurre ich, halb zu mir selbst, halb zu ihm.

?Vielleicht", sagt er hinter mir, seine Stimme jetzt fast samtig. ?Aber ein wenig

Wahnsinn ist genau das, was du brauchst."

Ich gleite ins Wasser, meine Bewegungen angespannt und werfe ihm einen giftigen Blick zu, als er sich nur einen Moment sp�ter entspannt neben mir niederl�sst. ?Zufrieden?", fauche ich.

Er lehnt sich l�ssig gegen den Beckenrand, sein L�cheln nun sanfter, aber nicht weniger triumphierend. ?F�rs erste."

Ich presse die Lippen zusammen und blicke stur auf das glitzernde Wasser, doch tief in mir wei� ich, dass ich diesem t�glichen Schlagabtausch nicht entkommen werde.

Wieder sitzen wir nebeneinander im warmen, dampfenden Wasser, doch diesmal ver�ndert sich seine Haltung. Sie ist nicht verspielt oder sp�ttisch, sondern ernst und nachdenklich.

Der fast volle Mond, der durch das Glasdach zu sehen ist, taucht das Bad in silbriges Licht. Es wirkt beinahe magisch, unwirklich und ich kann meinen Blick kaum abwenden. Christiano folgt meinem Blick und nach einer Weile durchbricht er die Stille mit leisen Worten.

?Es sind noch drei Tage bis zum Vollmond", beginnt er, seine Stimme sanft aber fest, als wolle er mich auf das vorbereiten, was kommt.

?Ich wei�, was du �ber mich denkst", sagt er schlie�lich, leise. ?Aber es gibt Dinge, die du �ber dich wissen solltest. Dinge, die selbst f�r mich schwer zu begreifen sind."

Sein Ton und die Schwere seiner Worte ziehen meine volle Aufmerksamkeit auf sich. ?Was ich bin?", frage ich vorsichtig, mein Herzschlag beschleunigt sich, als ob mein Unterbewusstsein ahnen w�rde, dass seine Antwort alles ver�ndern wird.

Er lehnt sich zur�ck, seine Schultern angespannt, doch seine Augen lassen mich nicht los. ?Du bist kein Mensch Kate. Du bist etwas anderes, etwas Besonderes.

Einmaliges."

Seine Stimme ist ruhig, aber in ihr liegt ein Widerhall - als w�rde sie von etwas sprechen, das �lter ist als Zeit.

Wie mechanisch sch�ttle ich den Kopf um diesen haltlosen Gedanken unweigerlich abzusch�tteln bevor er auf etwas sto�en kann, was ihm Halt bieten k�nnte. ?Da verwechselst ?", doch er unterbricht mich.

?Deine Herkunft, was du bist?", setzt er an und stockt. So habe ich ihn noch nicht erlebt, er scheint mit sich selbst zu k�mpfen.

?Nymphen sind mehr als nur ein Mythos. Und du bist eine von Ihnen."

Ich blinzle, unsicher ob ich ihn richtig verstanden habe. ?Eine was? Du hast wohl irgendwas eingeschmissen, was auch immer es ist, ich m�chte es auch." ?Ich w�nschte es w�re so.", mit einem leichten st�hnen st��t er den Atem aus.

?Eine Nymphe?", wiederhole ich als ich merke, wie ernst es ihm damit scheint. Der Begriff fremd und doch vertraut, wie ein Echo aus einem Traum. ?Aber du bist nicht irgendeine Nymphe", f�gt er hinzu, seine Stimme etwas leiser, als ob er den n�chsten Satz mit Bedacht w�hlt. ?Du bist eine Nachfahrin von Calypso." Der Name trifft mich wie ein Schlag. Geschichten von Calypso, der einsamen Verf�hrerin, die Odysseus gefangen hielt, dr�ngen sich aus meinem Ged�chtnis in die Gegenwart. ?Calypso? die Nymphe von Ogygia?", frage ich, mein Mund trocken.

Christiano nickt. ?Ja. Sie, die durch ihre Einsamkeit und ihr Verlangen nach N�he gleicherma�en verflucht war. Sie, die sich einen Sterblichen zunutze machte, um ihrem Leid zu entkommen."

Er h�lt inne, als ob er mir Zeit geben will, das Geh�rte zu verdauen. ?Aber was bedeutet das f�r mich?", meine Stimme zittert und ich klammere mich an die R�nder des Beckens, als ob die Wahrheit mich sonst �berw�ltigen wird.

?Sagen sprechen von einer besonderen Verbindung, die Nymphen wie du zu ihrer Abstammung haben. In den drei N�chten um den Vollmond?" Er h�lt inne und ich sehe, wie er sich bem�ht, die richtigen Worte zu finden.

?Es bedeutet, dass auch du verflucht bist", setzt er schlie�lich neu an. Seine Stimme ist ruhig, fast sanft, aber die Worte schneiden sich scharf in meine Gedanken.

?An deinem Achtzehnten Geburtstag bist du ausgereift, hat sich deine Natur vollendet. Seitdem bist du an den Vollmond gebunden. Drei N�chte im Monat - die Nacht davor, die Nacht des Vollmonds selbst und die Nacht danach - musst du einem Mann beiwohnen, um zu �berleben."

Die Worte prallen gegen mich wie eine unbarmherzige Welle, die mit eiskalter

Kraft �ber mich hinwegbricht. Mein K�rper wird schwer, als h�tte sich das Wasser um mich herum im z�hen Nebel verwandelt. Ich sp�re, wie mein Atem flacher wird, mein Herz schneller schl�gt. Meine Finger klammern sich unbewusst an den Rand der Wanne, als sie mich davor bewahren k�nnten, von dieser neuen Realit�t fortgerissen zu werden.

?Was? was passiert, wenn ich das nicht tue?" Meine Stimme ist nur ein Hauch, zerbrechlich in der schweren Stille, die auf uns lastet.

Sein Gesicht verh�rtet sich. Seine Augen, eben noch von n�chterner

Sachlichkeit erf�llt, verdunkeln sich mit einer Tiefe, die ich nicht deuten kann. ?Dann wirst du ein hohes Fieber bekommen. Dein K�rper wird schw�cher? und du wirst sterben."

Ich blinzele. Seine Worte hallen in mir wider, doch mein Verstand weigert sich, sie zu greifen. Ich versuche, sie abzuwehren, als w�ren sie nicht real, als k�nnte ich sie zur�ckdr�ngen, wenn ich sie nur nicht akzeptiere.

Christiano hebt den Blick, nur einen Moment, als w�rde er nach Worten suchen, nach einer Erkl�rung, die er selbst nicht gern ausspricht. Doch als er wieder zu mir sieht, ist seine Haltung unver�ndert - aufrecht, beherrscht, unerbittlich.

?Die Sagen, die ich geh�rt habe? Sie sind nicht weit verbreitet", f�hrt er fort.

?Viele halten Nymphen f�r M�rchenfiguren - Geschichten, selbst in meiner

Welt. Aber ich wei�, dass sie echt sind. Dass du echt bist."

Mein Blick wandert ungest�rt �ber die Oberfl�che des Wassers. Die W�rme, die meinen K�rper eben noch entspannt hatte, f�hlt sich pl�tzlich erdr�ckend an. Die Tropfen auf meiner Haut scheinen wie feine F�den zu sein, die mich fesseln, mich an diese unausweichliche Wahrheit binden.

Er mustert mich genau, als ob er jede Regung, jedes unbewusste Zittern meines Fingers analysiert. Dann spricht er weiter, langsam, eindringlich, als wolle er mir keine Illusion lassen.

?In den drei Vollmondn�chten? sollen die Nymphen laut den Sagen mehr als willig sein." Seine Stimme ist ruhig, aber darunter liegt eine Schwere, ein unausgesprochener Nachhall, den ich nicht deuten kann. ?Sie versp�ren eine unstillbare Lust, ein Verlangen, das sie nicht kontrollieren k�nnen." Es ist keine Wahl. Kein Instinkt, den man unterdr�cken kann. Es ist etwas, das sich in deinem Blut verankert hat, ein Bed�rfnis, das mit jeder Stunde dieser N�chte st�rker wird, bis es nicht mehr ignoriert werden kann."

Mein Atem stockt. Hitze steigt mir in die Wangen, nicht wegen des Wassers, sondern wegen der Bedeutung seiner Worte. Ich wende den Blick ab, fixiere das sanfte Kr�useln des Wassers, das meine Finger umspielt.

?Das klingt ? unwirklich", fl�stere ich. Doch selbst w�hrend ich es sage, sp�re ich die Wahrheit wie eine dunkle, drohende Welle �ber mir schweben - bereit, mich mit sich zu rei�en.

Er beobachtet mich aufmerksam, seine Augen sind dunkler geworden. ?Es mag unwirklich klingen, aber die Geschichten sind eindeutig. Sie beschreiben ein Bed�rfnis, das �ber den eigenen Willen hinausgeht. Einen Drang, der ? befriedigt werden muss um zu �berleben."

?Und du glaubst das?", meine Stimme zittert leicht, obwohl ich versuche, die Fassung zu bewahren.

Er z�gert einen Moment bevor er antwortet. ?Es ist nicht meine Aufgabe, es zu glauben oder nicht. Aber ich habe genug gesehen, um zu wissen das etwas Wahres an diesen Sagen ist. Es gibt so vieles, das wir nicht verstehen, so vieles das im Verborgenen bleibt."

Die Worte hallen in mir wider und meine Gedanken wirbeln chaotisch durcheinander. Die Bedeutung seiner Offenbarung ist �berw�ltigend und ich f�hle mich, als w�rde der Boden unter mir weggezogen. ?Und du wusstest das die ganze Zeit?", fl�stere ich.

Er nickt langsam. ?Ich wusste es in dem Moment, als ich dich zum ersten Mal ber�hrte. Es war, als ob ich ein Feuer sp�rte, das in dir schlummert, ein Feuer, das nur Calypsos Nachfahren besitzen."

?Warum wei� niemand sonst davon?", fragte ich, meine Stimme jetzt fordernder.

Er z�gert.

?Weil es dich verletzbar macht. Wenn jemand w�sste, was du bist, w�rden sie dich f�r sich beanspruchen wollen. Deshalb habe ich darauf bestanden, dass du unter meinem Schutz stehst. Niemand darf dich ber�hren. Niemand au�er mir."

Ich erinnere mich pl�tzlich an die Wache, die mich aus der Dunkelheit holte, wie er sorgf�ltig darauf geachtet hat, mich nicht zu ber�hren. ?Du h�ltst es geheim, um mich zu sch�tzen?"

?Ja", sagt er, aber seine Stimme wird h�rter. ?Doch es gibt noch mehr. Wir Skinwalker - besonders wir Panther - haben eine Natur, die nicht zahm oder sanft ist. Unsere Frauen w�hlen ihre Partner durch ihre Wehrhaftigkeit, ihre St�rke. Sie verteidigen sich bis zur letzten Sekunde. Lassen sich nur von dem Partner ihrer Wahl nehmen. Aber du?" Er macht eine Pause und ich sehe wie seine H�nde sich zu F�usten ballen. ?In diesen drei N�chten bist du anders. Dein

Drang wird dich �berw�ltigen und in diesen Momenten k�nntest du leicht zur Beute werden."

Seine Worte sind wie ein Schlag ins Gesicht und ich wende meinen Blick ab. ?Du meinst, ich bin ihnen ausgeliefert?"

?Nicht, solange ich da bin", sagt er leise - aber mit einer Sch�rfe, die keinen Zweifel l�sst. ?Ich werde dich nicht teilen. Du geh�rst mir. Und in zwei Tagen wirst du erwachen."

Seine Stimme ist leise, aber seine Augen gl�hen - nicht aus Besitzanspruch, sondern aus einer uralten, wilden Entschlossenheit.

?Es wird kein einfacher Weg f�r dich sein. Aber du wirst lernen, was es bedeutet."

Tr�nen steigen mir in die Augen, doch ich blinzle sie fort.

Ich blicke ihm in die Augen, versuche die Wahrheit in seinen Worten zu finden, w�hrend ein Teil von mir gegen das Wissen rebelliert, das er mir offenbart hat. Doch tief in mir wei� ich, dass er nicht l�gt und das macht es umso schwerer zu ertragen. Ich darf nicht nachgeben. Nicht jetzt. Noch nicht.

W�hrend ich mich wie gewohnt auf den Diwan zur�ckziehen will, h�lt er mich mit einem einzigen Wort auf. ?Nein."

Ich drehe mich zu ihm um. ?Nein?"

?Heute schl�fst du hier." Er deutet auf das gro�e Bett in der Mitte des Raumes.

Mein Trotz flackert sofort auf. ?Ich schlafe, wo ich will."

Er tritt n�her, seine Miene reglos. ?Nicht heute Nacht."

Ich verschr�nke die Arme, meine Stimme schneidend. ?Warum? Weil du es sagst?"

?Ja.", antwortet er knapp und ohne zu z�gern. ?Und weil ich dir keine Wahl lasse."

Wut flammt in mir auf, doch ich wei�, dass ich ihn diesmal nicht so leicht umgehen kann. Er macht einen Schritt auf mich zu, hebt die Hand - nicht bedrohlich, aber bestimmend. Dann greift er nach meinem Kinn, zwingt mich ihn anzusehen.

?Ich dulde keinen Widerspruch und ich dulde nicht, dass jemand wie Daemon glaubt, er k�nne dich f�r sich beanspruchen. Also wirst du heute Nacht in meinem Bett schlafen - nicht, weil ich es will, sondern weil es n�tig ist." Ich will protestieren, mich losrei�en, aber sein Griff ist fest. Aber als ich in seine Augen blicke, sehe ich keine Bosheit - nur Kontrolle. Dominanz. Und etwas, das ich nicht benennen kann.

Schlie�lich l�sst er mich los. ?Widersetze dich weiter, wenn du willst. Aber das wird nichts �ndern."

Ich stehe lange still, bevor ich schlie�lich mit trotzig erhobenem Kopf zum Bett gehe. Ich lege mich hin, drehe ihm den R�cken zu - doch mein K�rper ist angespannt, mein Herz rast.

Er l�scht das Licht, doch ich sp�re seine Pr�senz, seine W�rme neben mir. Ein Machtkampf - selbst jetzt, selbst im Schlaf. Das wird eine lange Nacht.

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